„Ein interdisziplinärer Blick auf Themen kann oft helfen, das Beste zu erreichen“

 

31.03.2025
München

Vom Wissenschaftsbetrieb in die Praxis – Hanna Hellenbroich-Schrader (Personalmanagement actori) im Gespräch mit Dr. Nora Pähler vor der Holte über ihre Beratungskarriere.

 

Seit Juli 2019 arbeitest du nun bereits bei actori, gestartet bist du als Senior Consultant, zuvor warst du wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Marketing und Medien in Münster. Wie kam es, dass du dich während deiner Promotion „How Digitalization Challenges the Marketing of Filmed Entertainment“ direkt bei actori beworben hast?
Welche Überlegungen hast du damals angestellt – und wäre eine akademische Laufbahn für dich eine Alternative gewesen?
Ich bin eher zufällig auf actori aufmerksam geworden. Als wissenschaftliche Mitarbeiterin habe ich bei uns am Lehrstuhl das Studierendenförderprogramm „Circle of Excellence in Marketing“ betreut. Einer der Studenten hat mir von einem Praktikum erzählt, das er in einer Kulturberatung macht. Das fand ich spannend und der Student war von seinem Praktikum danach total begeistert. Ich war gerade in der Endphase meine Dissertation und habe mich spontan beworben. Der damalige Student ist heute einer unserer Projektleiter und damit mein Kollege Franziskus Linsmann.

Eine akademische Laufbahn habe ich tatsächlich in Betracht gezogen. Ich habe immer gerne geforscht, besonders das Arbeiten mit Daten hat mir Spaß gemacht. Ich mochte auch die Menschen sehr gerne – es gab einfach sehr viele kluge Köpfe in meinem Umfeld, das hat mich inspiriert und motiviert. Leider sind die Beschäftigungsbedingungen in der Wissenschaft immer noch sehr schwierig, unter dem #ichbinhanna wurde das 2021 auch verstärkt diskutiert. Besonders für Frauen ist das Umfeld schwierig – auch weil Männernetzwerke immer noch großen Einfluss auf Besetzungen von Professuren haben – aber auch, weil die Zeit, in der man in der Wissenschaft die wesentlichen Grundlagen für eine erfolgreiche Karriere legt, bei vielen Frauen mit dem Zeitpunkt der Familiengründung zusammenfallen und die Vereinbarkeit immer noch eine Herausforderung ist. Ich habe mich unter anderem aus diesen Gründen dann dagegen entschieden. Aber die Zeit an der Universität hat mich und mein Herangehen an Dinge sehr geprägt.

Ein Jahr später folgte bereits der nächste Schritt: die Beförderung zur Projektleiterin. Was hat sich dadurch für dich konkret verändert – sowohl inhaltlich als auch in deiner Rolle als Führungskraft? Gab es Dinge, die dich besonders herausgefordert haben?
Ich war von jetzt auf gleich in einer neuen Form der Verantwortung. Ich musste plötzlich die Antworten auf die Fragen haben, die ich kurz zuvor selbst noch hatte und musste nun andere anleiten. Das war schon eine Herausforderung. Wirklich hilfreich war, dass Frank und Maurice mir die Rolle zugetraut haben und mich unterstützt haben. Auch, dass ich meine Kolleginnen und Kollegen alles fragen konnte und auch noch kann, wenn ich mich selbst nicht auskenne, war und ist für mich sehr wichtig. Diese Art und Weise miteinander umzugehen und aus den komplementären Kompetenzen, die wir hier im Team haben ein wirkliches Asset zu machen, ist für mich eine der Stärken von actori.

Und damit nicht genug, seit diesem Jahr übernimmst du nun als Associate Partnerin den Ausbau und die Weiterentwicklung des Geschäftsbereichs Organisation &  Digitalisierung von actori. Kannst du schon skizzieren, wo die Reise für actori hingeht, beziehungsweise welche Schwerpunkte du einbringen möchtest?
Ich freue mich sehr, dass ich diese beiden Themenbereiche in Zukunft für actori mitgestalten darf. Wir haben viele Ideen wie man diese Themen weiterentwickeln und welche Schwerpunkte man setzen kann – was und wie wir das genau tun, werden wir jetzt in den jeweiligen Teams diskutieren.

Neben deiner verantwortungsvollen Position bist du inzwischen auch Mutter geworden. Wie gestaltest du deinen Arbeitsalltag, um Kind und Karriere erfolgreich zu verbinden? Gibt es Prinzipien oder Methoden, die dir besonders helfen?
Wenn ich dafür das Patentrezept wüsste, dann könnte ich damit wahrscheinlich viel Geld verdienen. Vermutlich gibt es das auch nicht, aber es gibt sicherlich Dinge, die dazu beitragen können, dass es besser funktioniert. Für mich ist die gleichmäßige Verantwortungsübernahme von beiden Elternteilen ein wichtiger Aspekt – mein Mann und ich arbeiten beide in Teilzeit, das macht vieles leichter. Zudem haben wir ein gutes familiäres Netz, das uns unterstützt. Nicht zuletzt ist actori hier auch ein wichtiger (Erfolgs-)Faktor – hier wird mir zugetraut, dass ich beides gut managen kann – es werden mir keine Steine in den Weg gelegt, sondern Brücken gebaut.
Leider stelle ich immer wieder fest, dass diese Vereinbarkeit, die für mich gut funktioniert, in unserer Gesellschaft noch lange nicht die Regel ist und dass doch oft die Frauen es sind, die zurückstecken (müssen). Ich würde mir wünschen, dass sowohl Politik als auch Unternehmen in Zukunft bessere Rahmenbedingungen für berufstätige Mütter (und Väter) schaffen und sich auch Familien sich die Care-Arbeit fairer aufteilen.

Dein akademischer Hintergrund verbindet Managementmethoden mit kreativen und kulturellen Produkten. Inwiefern konntest du dieses Wissen in deine Beratungstätigkeit integrieren – und welche neuen Perspektiven bringt es in dein aktuelles Arbeitsumfeld?
Ikea hatte mal einen Werbeslogan: „Warum ein Einkaufswagen auch ein guter Tisch sein kann“. Klingt erstmal irritierend, bringt es aber aus meiner Sicht gut auf den Punkt. Ein interdisziplinärer Blick auf Themen kann oft helfen, das Beste zu erreichen – Rollen, die für einen Einkaufswagen gut funktionieren, können auch für einen Tisch funktional sein. Kunst und Kultur folgen anderen Regeln als Wirtschaftsunternehmen – doch trotzdem können viele der Prinzipien und Methoden auch für Kulturinstitutionen anwendbar sein. Ich glaube, dass es nur helfen kann, den Blick zu weiten und über den Tellerrand zu schauen – dann kann man vieles lernen.

Zum Abschluss eine persönliche Frage: Als jemand mit tiefem Verständnis für Film und Medien – was war dein Kino- oder Theaterhighlight der letzten zwei Jahre, und warum?
Mein Sohn ist ziemlich genau zwei Jahre alt – somit habe ich die letzten zwei Jahre eher Serien und Filme zuhause geschaut. Eines meiner Highlights dabei war Squid Game – die erste Staffel ist zwar schon ein bisschen länger her – aber die zweite kam erst Ende letzten Jahres heraus. Die Serie hat mich als Film- und Serienforscherin begeistert, weil sie eine neue Art von Ästhetik aufweist – und dabei gleichzeitig auf viele künstlerische Werke referenziert. Ganz persönlich finde ich die Serie als Allegorie auf unsere Gesellschaft gelungen und sie hat mich lange beschäftigt. Und das ist es aus meiner Sicht, was gelungene kulturelle und kreative Produkte ausmacht: Sie berühren und beschäftigen die Menschen, sie lösen Gefühle in uns aus und bringen uns in eine Auseinandersetzung mit uns und der Welt, in der wir leben.

 

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