Kulturelle Umnutzung als Chance für die Stadt­gesellschaft

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Aktuelles I Foto: 2023 Nikolaus Schäffler

47 Galeria Kaufhof Standorte sollen geschlossen werden1), dabei sind Kommunen häufig nicht erst seit Beginn des Insolvenzverfahrens der Warenhauskette mit Leerständen konfrontiert. Aus Schließungen dieser Art resultieren großflächige Leerstände, dies aber keinesfalls nur in zentralen Innenstadtlagen, sondern auch in städtischen Randgebieten. Hier sind es weniger große Warenhäuser oder der Einzelhandel als vielmehr leerstehende Industrieanlagen, Lagerhallen, Bahnhöfe oder Elektrizitätswerke. Diese freien Flächen können in zweierlei Hinsicht neue Chancen für kulturelle Nutzungen bieten, als Erweiterung oder Einrichtung einer Institution oder als Heimat niedrigschwelliger Mischnutzungen.

Für Kultureinrichtungen wie Theater, die in ihren bestehenden Räumlichkeiten limitiert sind oder sich neu zu gründen suchen, können solche Bestandsbauten eine Chance sein. Die neuen Flächen könnten als eine zusätzlichen Spielstätte, ein Probenzentrum oder gar für einen Interimsbetrieb genutzt werden. Gleichzeitig erfüllen sie häufig den Anspruch, Zielen der Nachhaltigkeit zu dienen und Ressourcen zu schonen. Je nach Bau bietet die Umnutzung eines Bestandsgebäudes auch Perspektiven zur Erschließung neuer Zielgruppen; ein verlassenes Bauwerk, noch dazu ohne kulturelle Nutzungshistorie, strahlt ein niederschwelliges Image aus. Dies insbesondere im direkten Vergleich zu einem imposanten Neubau der Hochkultur. Beispiele für solche Umnutzungen gibt es bereits.

So hat das Rheinische Landestheater Neuss das ehemalige Horten-Kaufhaus zu einem multifunktionalen Kultur- und Verwaltungszentrum umgebaut. Unter anderem entstand hier ein neuer Theatersaal mit 450 Plätzen. Ein weiteres Beispiel ist das ehemalige städtische Elektrizitätswerk von Schwerin, das unter anderem als Interims-Spielstätte des Mecklenburgischen Staatstheaters und der Fritz-Reuter-Bühne genutzt wurde. Herausforderung bei diesen Projekten war sichtlich die Gewährleistung der Funktionalitäten eines Kulturbetriebs; den Anforderungen an einen Bühnenturm und sinnhafte kurze Wegbeziehungen können nur wenige Bauten in ihrer Grundausstattung entsprechen. Ist etwa ein wesentlicher Rückbau notwendig, werden die zuvor „gewonnene“ Symbolkraft und Nachhaltigkeitseffekte der Umnutzung gemindert.

So ist es nicht verwunderlich, dass leerstehende Gebäude für weniger komplexe Nutzungen immer populärer werden, insbesondere unter Einbindung der Freien Szene. Diese können auch dauerhaft angelegt sein, wie beispielsweise der Bunte Bahnhof in Cottbus, der Galerien, eine Veranstaltungsstätte, soziale Initiativen sowie Gastronomie verbindet. An anderen Orten erweist sich eine Zwischennutzung als geeignet, wie beim Sugar Mountain in München, das in einem ehemaligen Betonwerk, Veranstaltungs- und Kreativflächen sowie Sportnutzungen beherbergt. So entstehen neue Begegnungsorte für die Stadtgesellschaft, die belebende Impulse auf ein gesamtes Quartier geben können. Wie so häufig entscheidet das Konzept über den Erfolg der Nutzung; dafür ist es wichtig lokale Marktbedarfe zu kennen und Synergien zwischen den einzelnen Nutzungsbausteinen zu schaffen. Betriebliche Aspekte sollten dafür nicht außer Acht gelassen werden, um die diversen Nutzungen über ein schlüssiges Betreibermodell zu vereinen. So müssen beispielsweise die Aufgaben und Zuständigkeiten klar verteilt und die Träger- und Finanzierungsstrukturen geklärt werden.

Gerne unterstützt Sie actori bei der Prüfung von Bestandbauten für eine kulturelle Nutzung durch Markt- und Wettbewerbsstudien, Nutzungskonzeptionen, Betriebskonzepte oder Machbarkeitsprüfungen. Dabei setzen wir häufig auch partizipative Methoden ein.

Quelle: 1) Welche Filialen schließen müssen? (Tagesschau)

Ein Impulsbeitrag von Amélie Strobel, Projektleitung.

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