Wenngleich in der öffentlichen Wahrnehmung weniger präsent, sind Museumsdepots ein wesentlicher Teil musealer Infrastruktur. Sie sind ein zentraler Ort, an dem Museen ihren Auftrag des Sammelns und des Bewahrens erfüllen. So vielfältig und wertvoll Sammlungsgegenstände oft sind, so verschieden und zugleich hoch sind oft die Anforderungen an Depots. Darunter fallen innenräumliche Umweltbedingungen (wie Klima und Luftverhältnisse), die technische Ausstattung sowie die Logistik (wie Anliefer-Bedingungen, Wegeführung).
Insbesondere ältere Depots machen bisweilen das fachgerechte Aufbewahren von Sammlungen zur Herausforderung. So sind die Räume unübersichtlich, Objekte schwer zugänglich, ein unreguliertes Raumklima und fehlender Lichtschutz gefährden Objekte, auch Schädlinge sind schwieriger fernzuhalten. Und manchmal fehlt auch schlichtweg der Platz: Die Sammlungen wachsen, aber die Depots wachsen nicht mit.
Diese und weitere Gründe können einen Neubau erforderlich machen und hier sollte der Blick auf aktuelle Entwicklungen und Trends Bestandteil der Planungsphase sein:
- Welche Anforderungen sind heute und in Zukunft an Museumsdepots zu stellen?
- Welche Chancen und neuen Möglichkeitsräume kann ein Depotneubau der musealen Arbeit bieten?
Zunächst gibt es verschiedene Makro-Trends, die für den Bau der öffentlichen Hand insgesamt und auch für Museumsdepots relevant sind. So spielt insbesondere Nachhaltigkeit eine immer wichtigere Rolle, etwa die Verwendung umweltfreundlicher Baumaterialien oder auch den Einsatz energieeffizienter Technik und Quellen erneuerbarer Energien. Als ein Best-Practice-Beispiel darf hier sicherlich das kürzlich eröffnete Kunstdepot Darmstadt dienen, das vollständig klimaneutral operiert.
Auch die Digitalisierung und ihre entsprechende infrastrukturelle Berücksichtigung hält Chancen für Museumsdepots bereit. So können digitale Lösungen das Erfassen und Verwalten von Sammlungsobjekten unterstützen, Objekte digital zugänglich machen oder die gezielte präventive Konservierung wertvoller Objekte unterstützen. Ambitioniert verfolgt die Digitalisierung exemplarisch das Deutsche Schifffahrtsmuseum in Bremerhaven.
Daneben bestehen weitere große Trends, die insbesondere für die Kultur und ihre Bauvorhaben zunehmend relevant sind. Darunter fallen die Öffnung und Ermöglichung von Teilhabe, eine zunehmende Flexibilität und Multifunktionalität von Räumen sowie die Nutzung von Synergien, die gerade in herausfordernden Zeiten für die öffentliche Hand relevant sind. Auch in der Konzeption von Museumsdepots finden diese Trends mehr und mehr ihren Niederschlag. Dabei lassen sich verschiedene Depotkonzepte anführen, die jeweils auf einen dieser Trends besonders Bezug nehmen:
a) Das Schaudepot – Besuchende entdecken neue Schätze und die Vielfalt musealer Arbeit
Schaudepots sind Orte, an denen die nicht-ausgestellten Sammlungsobjekte gelagert und zugleich einer breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. Im Sinne des Gedankens der Öffnung und Teilhabe werden museale Prozesse transparenter und können so Besuchende begeistern. Für die Museen ergibt sich daraus zugleich die Chance, ihre Aufgabenvielfalt und gesellschaftliche Relevanz zu vermitteln: Ein Museum ist gewiss ein Ort des Ausstellens, ebenso aber auch des Bewahrens einmaliger Objekte des Historischen Erbes (siehe dazu das Praxisbeispiel des Boijmans Van Beuningen in Rotterdam).
Dabei sind bei der Depotöffnung verschiedene Besonderheiten zu berücksichtigen. So gilt es zu prüfen, wo museale Arbeit (z. B. Restauration) sichtbar gemacht werden soll und wie die Sichtbarkeit durch entsprechende bauliche Gestaltung gewährleistet werden kann. Zudem müssen Besucherströme in der Wegeplanung berücksichtigt und stets die Zugänglichkeit mit der Wahrung von Sicherheit und konservatorisch optimalen Bedingungen für Sammlungsgüter abgewogen werden.
b) Das Sammlungszentrum – Vielfalt musealer Nutzungen unter einem Dach
Sammlungszentren zielen insbesondere auf eine Ergänzung der klassischen Depotnutzung um weitere museale Aufgaben. So sind in Sammlungszentren neben der Lagerung beispielsweise auch Forschung und die Restaurierung von Objekten sowie Hochschullehre möglich (siehe dazu das Sammlungs- und Forschungszentrum der Tiroler Landesmuseen). Für diese Nutzungen enthalten Sammlungszentren die erforderlichen Infrastrukturen, so beispielsweise Werkstätten oder Arbeitsplätze. Vorteile von Sammlungszentren liegen in der räumlichen Bündelung musealer Aufgaben. Wege werden verkürzt und zwischen Mitarbeitenden entstehen zusätzliche Kontaktpunkte, um Wissen und Erfahrungen auszutauschen. Zudem ermöglicht eine solche Lösung die Nutzung wirtschaftlicher Synergien. Wichtig ist bei Planung und Realisierung von Sammlungszentren unter anderem eine vorausschauende Raumanordnung, um Funktionsbereiche sinnvoll zu verknüpfen.
c) Das Verbunddepot – Gemeinsame Nutzung von Ressourcen
Verbunddepots sind zentrale Lagerorte für verschiedene Sammlungen bzw. Museen, zumeist aus demselben regionalen Gebiet oder desselben Trägers. Durch Bündelung von Räumen und Infrastrukturen können Kostensynergien durch gemeinsame Nutzung realisiert werden. Zudem können Verbunddepots für Mitarbeitende verschiedener Museen ein Ort des Austauschs von Wissen und Erfahrung sein. Zu beachten ist hierbei, dass es Abstimmung zwischen mehreren Akteuren braucht, z. B. hinsichtlich Logistik, Verwaltung oder Zugriffsrechten. Eine besondere Bedeutung kommt hier zudem der Notfallvorsorge zu, weil im Falle einer Havarie mehr Objekte betroffen sein können als bei einer dezentralen Depotstruktur. Exemplarisch sei hier verwiesen auf das 2018 eröffnete Zentraldepot der Landesmuseen Schleswig-Holstein, das über eine Million Sammlungsobjekte beherbergt.
Dabei ist anzumerken, dass die dargestellten Depotkonzepte sich gegenseitig nicht ausschließen. So kann ein Sammlungszentrum, das verschiedene weitere museale Nutzen einschließt, zugleich in Gänze oder teilweise als Schaudepot konzipiert sein oder von mehreren Museen genutzt werden.
Auf dem Weg zum neuen Depot kann zudem eine Generalinventur erforderlich werden. Einen Überblick über Erfolgsfaktoren und die Chancen der Digitalisierung in diesem Zusammenhang bietet Jessica Kirchner-Wagner in ihrem Artikel „Wie eine Generalinventur zum Erfolg wird“.
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Ein Impulsbeitrag von Dr. Sebastian Lücke, Beratung, mit Vorarbeiten von Luise Stülpnagel, alumna.