In Zeiten wachsender gesellschaftlicher Fragmentierung und sozialer Ungleichheit bei gleichzeitigen Sparmaßnahmen, müssen Kulturinstitutionen ihre Rolle und Funktion in der Gesellschaft neu definieren beziehungsweise schärfen.
Community Building kann Vermittlungsaktivitäten von Kultureinrichtungen verstetigen bzw. zur Optimierung von Vermittlungsaktivitäten beitragen. Während klassische Vermittlungsaktivitäten häufig darauf abzielen, Wissen zu vermitteln und das Verständnis für beispielsweise Kunst und Kultur zu fördern, liegt der Fokus bei Community Building vor allem darauf, eine tiefere und nachhaltigere Beziehung zwischen der Kulturinstitution und der lokalen Gemeinschaft zu fördern und darüber das Interesse an der Institution langfristig zu bewahren oder aber zu vertiefen. Ziel ist, die Institution in verschiedenen Bevölkerungsgruppen lokal zu verankern. Dies geht mit einer Veränderung der Rolle der Kultureinrichtung einher: Man ist nun Ort der Kultur und Ort für Begegnung, Austausch und Auseinandersetzung. Indem Kulturinstitutionen Menschen unterschiedlicher Hintergründe zusammenbringen, fördern sie Empathie, kritisches Denken und gesellschaftlichen Zusammenhalt bzw. übernehmen Verantwortung für soziale Herausforderungen.
Die folgenden Faktoren tragen dazu bei, erfolgreiche Community Building-Arbeit zu betreiben:
Situation und Bevölkerungsstruktur vor Ort analysieren
Eine gründliche Analyse der Bevölkerungsstruktur verhilft dazu, Bedürfnisse und Interessen der lokalen Gesellschaft zu erkennen und spezifische Zielgruppen zu identifizieren, die möglicherweise bisher unterrepräsentiert oder ausgeschlossen waren (z. B. unter dem Gesichtspunkt Diversität). Über entsprechende Vereine und Institutionen lässt sich ein aktiver Austausch mit den Personengruppen herstellen und ihre Lebenssituation und Interessen näher kennenlernen.
Gemeinsam Projekte entwickeln
Bei Community Building-Projekten fließen die Ideen und Bedürfnisse der Gemeinschaft von Anfang an in die Planung und Umsetzung ein, z. B. durch Workshops, offene Foren oder gemeinsame Arbeitsgruppen. Mit dem Open Mic hat das Wiener Kunstmuseum Belvedere 21 ein öffentliches Format geschaffen, bei dem das Publikum das Programm gestaltet. Hier erzählen Menschen aus ihrem Berufs-, Privat- und Alltagsleben; Bürger/-innen sagen ihre Meinung zu aktuellen Themen. Über eine maximale Länge von 8 min wird den Personen eine Bühne für Präsentationen, Debatten, Reden, Spoken Word, Comedy, Textbeiträge, musikalische Darbietungen eingeräumt.
Langfristige und vertrauensvolle Zusammenarbeit stärken
Anstatt nur einmalige Veranstaltungen durchzuführen, zielt Community Building auf eine langfristige Zusammenarbeit ab. Aus der kontinuierlichen Zusammenarbeit in einzelnen Projekten entstehen wieder neue Ideen, Beziehungen und Wechselwirkungen, die zu weiteren Community-Aktivitäten führen. Hier bringt ein Stein den anderen ins Rollen, sofern die Atmosphäre eines vertrauensvollen Miteinanders besteht. So initiierte Mustafa Akça, ehemaliger Quartiersmanager von Berliner Bezirken, 2011 das Projekt „Selam Opera!“. In diesem Rahmen entwickelt die Komische Oper Berlin bis heute unterschiedlichste Formate, wie Pop-up-Operas und Hinterhofkonzerte, mit denen sie in Austausch und gegenseitige Inspiration mit oft wenig beachteten Bevölkerungsgruppen kommt.
Authentizität und Relevanz
Die Projekte müssen echte Bedürfnisse und Interessen der Menschen ansprechen und nicht nur als symbolische Gesten dienen. Ein erster authentischer Weg zur Community lässt sich über „Scouts“ gewinnen. Diese Personen verfügen über den gleichen sozialen oder kulturellen Hintergrund wie die Interessensgruppen und fungieren als Brückenbauende zwischen der Institution und der Community. Das Staatstheater Hannover beschäftigte z. B. junge Menschen als „Theaterscouts“, die verschiedene Abläufe im internen Betrieb, aber auch der Interaktion mit dem Publikum beobachten und Maßnahmen vorschlagen, das Theater jungenfreundlicher zu machen.
actori unterstützt Kulturinstitutionen dabei auf Basis fundierter Erkenntnisse zu Besuchenden und Nicht-Besuchenden kreative Wege zur Erschließung neuer Zielgruppen zu gehen (audience success). Dabei beziehen wir die Maßnahmen in eine strategische Gesamtsicht ein und zeigen so Wege und Möglichkeiten auf, die Relevanz der Institution in der Öffentlichkeit sichtbar zu machen beziehungsweise zu steigern. Kontaktieren Sie uns unter team@actori.de.
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Ein Beitrag von Marietta Schönberg, Projektleitung.